Föhnstimmung am Schwaben (15. 02. 2014)
Schneeschuhrunde oberhalb der Häuselalm am Hochschwab (Zinken, Häuselberg, Öhler, und Grasserwand)
Frühlingshafte Temperaturen und Sonnenschein – wen hält es bei solchen Ankündigungen noch in der Stadt? Bloß: wo in der Umgebung Wiens gibt’s bei dem Wetter der letzten Monate überhaupt noch Schnee? Schöne Aussicht, etwas Ruhe und Lawinensicherheit – das waren die Ansprüche an mein samstägliches Tourenziel. Nach einigem Überlegen stand fest: es geht auf den Hochschwab. Genauer gesagt hatte ich vor, vom Bodenbauer an der Südseite des Gebirgsstocks auf die Häuselam aufzusteigen. Wohin ich mich dann wenden würde, wollte ich nach Laune und den Verhältnissen entscheiden: Nördlich der Häuselalm erstreckt sich nämlich ein weitläufiges Karstgelände mit unzähligen größeren und kleineren Gipfeln, da würde auf alle Fälle etwas für mich dabei sein.
Als um sechs Uhr morgens der Wecker klingelte, bereute ich innerlich meine Entscheidung schon wieder: Ach wär das schön, am Wochenende einmal ausschlafen zu können! Eine Viertelstunde kämpfte ich gegen meinen inneren Schweinehund, ehe er mich aus dem Bett warf. Bald darauf war ich aufbruchsbereit – noch schnell ein Frühstücksmüsli, die Ausrüstung in den Kofferraum und schon konnte es losgehen. Über den Semmering kam ich, obwohl ohne Eile, noch vor neun Uhr schneller als gedacht an den Ausgangspunkt. Bereits unten auf den Feldern um den Hof lagen noch einige Zentimeter Schnee, was mich eingermaßen verwunderte. Der Parkplatz war ob des angekündigten Wetters natürlich beinahe voll, und von Ruhe konnte auch im folgenden Aufstieg auf die Häuselalm nicht die Rede sein.
Immerhin konnte ich bereits nach wenigen Metern die Schneeschuhe anlegen und kam im Wald rasch voran. Bereits nach etwas mehr als einer Stunde erreichte ich die Alm. Noch verdeckten hohe Schleierwolken die Sonne, was im Aufstieg gar nicht einmal so unangenehm war. Hier trennten sich die Routen der übrigen Wanderer, überwiegend Skitourengeher. Ich beschloss mein Tempo nun etwas gemütlicher zu gestalten und der Wintermarkierung nordwärts in den Häuseltrog zu folgen. Von nun an war ich allein. Das schneebedeckte, wellige Gelände oberhalb der Alm ist ein echtes Schneeschuparadies.
Bald erreichte ich die Baumgrenze und stieg in einem Einschnitt weiter zur Hirschgrube auf. Von hier wollte ich den Zinken erklimmen, dessen eindrucksvolle Ostwand mir schon von unten aufgefallen war.
Über sanfte Hänge, auf denen der Schnee vom Wind der letzten Tage hartgepresst war und Verwehungen unterschiedlichster Formen entstanden waren erreichte ich noch deutlich vor Mittag den Gipfel des Zinken (1926m), der eine schöne Aussicht auf die gewaltigen Wände der Stangenwand und des Beilsteins gegenüber bietet.
Nun kam allmählich die Sonne zum Vorschein und verwandelte die Hochfläche in ein gleißendes Hügelmeer.
Schon jetzt wieder zur Alm zurückzukehren hatte ich keine Lust. Stattdessen beschloss ich, mir aus der Hirschgrube westwärts einen Weg über die unzähligen Erhebungen zu bahnen: So würde ich an den Stock des Polsters gelangen, der nach Süden hin mit gewaltigen Felswänden zum Sackwiesensee abfällt, von der Rückseite aber leicht zu ersteigen sein sollte. Im Sonnenschein wanderte ich nun auf und ab über den Häuselberg (1836m) und die nördlich gelegene Hochalpen Höhe.
Von hier musste ich noch einmal in eine weite Senke absteigen, ehe ich über einen nicht besonders steilen Hang auf den Öhler (1822m), den östlichen Vorgipfel des Polsters gelangte.
Oben angekommen, pfiff mir plötzlich der Fön mit ganzer Kraft um die Ohren. Der Kontrast zum frühlingshaften Ambiente der Hochfläche konnte nicht stärker sein: Aufgewirbelte Eiskristalle stoben mir ins Gesicht und binnen kürzester Zeit waren meine Finger trotz Handschuhen eiskalt.
Der weitere Anstieg führte über einen meist ein breiten Rücken, der aber an einigen Stellen sich zu einem Grat verschmälerte. Der Fönsturm wurde von Minute zu Minute stärker, als dann auch noch ein Wolkenfeld die Sonne verdeckte, war es plötzlich bitterkalt. Teils gegen den Wind gebeugt, mitunter auf allen Vieren kämpfte ich mich weiter. Am Gipfel der Grasserwand (ca. 1975m) entschloss ich mich zur Umkehr: meine Fingerkuppen waren taub, und obwohl bei anderen Bedingungen höchstens eine halbe Stunde auf den Hauptgipfel des Polsters (2054m) gefehlt hätte, war bei diesem Sturm an eine Überschreitung nicht zu denken.
Kaum hatte ich den windausgesetzten Rücken verlassen, kam auch schon wieder die Sonne zum Vorschein. Der Rückmarsch über die wellige Hochfläche bot erneut frühlingshaften Schneeschuhgenuss.
Nach einer längeren Teepause an einem aussichtsreichen Sonnenplätchen erreichte ich wieder die Wintermarkierung zur Häuselam.
Der Abstieg von der Alm lag bereits im Schatten, während die umliegenden Felswände in der Nachmittagssonne strahlten.
Nach etwa 22km und 1700 Höhenmetern bergauf und bergab war ich gegen fünf Uhr nachmittags wieder zurück beim Bodenbauer.
Ah, Hochschwab – ! Gute Wahl 🙂 Und so etwas geht ja trotz des inneren Schweinehunds in der Früh ganz gut an einem Tag, wo Du nun mit dem Auto unabhängiger geworden bist… Grüße aus einer gänzlich schneefreien maritimen Welt.
Ja, die Gegend ist Dir ja wohlbekannt, wenn auch ohne Schneeauflage 😉 Dieter und ich waren übrigens neulich ganz begeistert von Tarquinia, die Landschaft Etruriens lädt zum Wandern ein und es gibt abseits der bekannten Nekropole viel zu entdecken, z.B. die Akropolis mit den Resten eines ziemlich monumentalen Tempels – lohnt auch mit Öffis einen Tagesausflug von Rom 😉