Wintersonnenwende im Toten Gebirge (21. – 22. 12. 2013)

Weißhorn – Wildenseehütte – Feigentalhimmel

Bei prächtigen Wetter- und Schneeverhältnissen unternahmen Dieter und ich dieses Wochenende eine zweitägige Schneeschuhtour im Toten Gebirge. Als unser Übernachtungsziel hatten wir die Wildenseehütte auserkoren – eine romantisch im bewaldeten westlichen Teil des Plateaus gelegene Selbstversorgerhütte des Alpenvereins. Dort wollten wir die längste Nacht des Jahres verbringen – eine große Keksdose durfte zu diesem Zweck natürlich nicht fehlen.

Die Anreise mit Zug und Auto führte uns zum Offensee, einem dunklen Bergsee in der Nähe von Ebensee, über den die Nordabstürze des Toten Gebirges ihre Schatten werfen.

Nebelschwaden über dem morgendlichen Offensee

Nebelschwaden über dem morgendlichen Offensee

Nach einigen Metern am Ostufer des Sees zweigen wir nach links auf den Verbindungsweg in Richtung Almsee ab. Durch den Bergwald, mal auf schmalem Steig, dann wieder auf Forstwegen gewinnen wir rasch an Höhe. Bald wird die Schneedecke mächtiger und wir legen unsere Schneeschuhe an. Nach etwa einer Stunde erreichen wir den Gschirrsattel (1029m), den höchsten Punkt des besagten Verbindungsweges. Von hier geht es nun unmarkiert nach rechts ab: Zuerst steigen wir durch den Wald, dann über einen Windwurf steil in südlicher Richtung bergan.

steiler Anstieg im Wald

steiler Anstieg im Wald

Zum Glück trägt der Schnee einen tragfähigen Harschdeckel, in den sich die Zacken unserer Schneeschuhe verbeißen. Nach einer weiteren Stunde ist die weite Rinne erreicht, welche uns weiter auf die Hochfläche führen soll. Auch sie weist im unteren Bereich eine beachtliche Steigung auf, in Serpentinen stapfen wir schnaufend weiter. Die beiden Flanken werden allmählich felsiger, zur Linken passieren wir einen markanten Felsturm.

im Aufstieg, Rückblick

im Aufstieg, Rückblick

Hier tauchen wir allmählich in einen lichten Lärchenwald ein und die Steigung lässt etwas nach. Nach einer Weile verlassen wir endlich den Schatten der Nordhänge und genießen den wärmenden Sonnenschein.

allmählich wird es flacher, im Hintergrund der Traunstein

allmählich wird es flacher, im Hintergrund der Traunstein

unterhalb des Weißhorns

unterhalb des Weißhorns

Allerdings wird nun auch der Schnee weicher, was das Vorankommen etwas erschwert. Am frühen Nachmittag erreichen wir die Scharte östlich unterhalb des Weißhornes, von der wir steil aber unschwierig über einen Latschenhang zum Gipfel (1754m) aufsteigen. Von hier hat man einen schönen Ausblick nach Norden über die Kalkvoralpen und nach Süden auf das westliche Plateau des Toten Gebirges.

Blick vom Gipfel des Weißhorns nach Nord

Blick vom Gipfel des Weißhorns nach Nordost

Blick nach Nordost

Blick nach Nordost

Im Osten begrenzen die Nordwände des Roßkogels, nach Westen der markante Gipfel des Rinnerkogels den Blick.

Rosskopf

Roßkogel

Unterhalb des Gipfels stärken wir uns bei einer kleinen Rast, ehe wir uns in südwestlicher Richtung in die Senke des Rinnerbodens aufmachen. Hier bekommen wir einen ersten Eindruck von der karstigen Natur der Hochfläche: Unzählige kleine Hügel, Mulden, Felsköpfe, Latschenfelder und tückische halb zugeschneite Löcher behindern das Vorankommen.

Rückblick auf den Gipfel

Rückblick auf den Gipfel des Weißhorns

im Karst

im Karst

immer auf den Rinnerkogel zu

immer auf den Rinnerkogel zu

Als wir in der Senke anlangen, ist die Nachmittagssonne bereits hinter dem Rinnerkogel verschwunden. Wir folgen dem Talverlauf in südlicher Richtung und erreichen den Wildensee – im Sommer ein romantischer kleiner Bergsee, nun winterlich vereist und perfekt getarnt. Wir trauen der Eisdecke noch nicht so recht und halten uns deshalb in der Nähe des Ufers. An der anderen Seeseite steigen wir eine Almwiese hoch und erreichen bald den Rand des Henarwaldes.

Rückblick zu Wildensee und Rinnerkogel

Rückblick zu Wildensee und Rinnerkogel

Mittlerweile ist die Sonne am untergehen und die Gipfelwechten am Rinnerkogel erscheinen als leuchtend orange Streifen. Bei zunehmender Dämmerung stapfen wir durch den lichten Winterwald, hügelauf – hügelab. Kurz nacheinander brechen wir beide in tückisch zugeschneite Felsmulden und wühlen uns fluchend wieder heraus. Im letzten Licht erreichen wir die Wildenseealm.

Abendstimmung an der Wildenseealm I

Abendstimmung an der Wildenseealm I

Abendstimmung an der Wildenseealm II

Abendstimmung an der Wildenseealm II

Die Hütte ist sauber und das Holzlager voll, der letzte Besuch liegt laut Hüttenbuch bereits einen Monat zurück. Bald brennt im Ofen ein wärmendes Feuerchen und in vier großen Töpfen schmilzt langsam der Schnee. Als das Abendessen – ein Süppchen und danach Nudeln mit Pesto – fertig sind, ist die Temperatur innerhalb der Hütte beinahe schon angenehm.

am wärmenden Ofen

am wärmenden Ofen

Den restlichen Abend verbringen wir mit Keksen und einem eigentümlichen Reiseführer, der gegen die Mitte des 19. Jh. von einer gewissen Mrs. Mortimer verfasst worden war und kleine Kinder belehren sollte. Sein lakonischer, übellauniger und jeglicher political corectness spottender Tonfall treibt uns Tränen des Lachens in die Augen. Die Nacht draußen ist sternenklar und das fahle Mondlicht taucht die Winterlandschaft in ein zauberhaftes Licht…

Nacht an der Wildenseealm I

Nacht an der Wildenseealm I

Nacht an der Wildenseealm II

Nacht an der Wildenseealm II

Nacht an der Wildenseealm III

Nacht an der Wildenseealm III

Nacht an der Wildenseealm IV

Nacht an der Wildenseealm IV

Kurz vor sieben klingelt der Wecker und wir machen uns nach einem kleinen Frühstück ans Aufräumen und Zusammenpacken. Als wir um acht Uhr die Hütte verlassen, leuchten die Augstkogel in ihrem Westen gerade im Morgenlicht.

Morgensonne

Morgensonne

Die Sonne verschwindet aber rasch hinter hohen, lockeren Wolkenfeldern. Ohne Markierung ziehen wir durch den Lärchenwald in Richtung Nordosten. Obwohl wir uns bemühen, unsere Spur auf die Route des geringsten Widerstandes seitens des karstigen Geländereliefs zu setzen, müssen wir doch immer wieder Hindernisse in Form einer Felsstufe, einer Doline oder eines Latschendickichts umgehen. Gerade bei letzteren findet sich nicht immer eine Umgehung, dann heißt es Augen zu und durch.

Dieter unterwegs

Dieter unterwegs

langsam erreichen wir den Waldrand

langsam erreichen wir den Waldrand

Erst als wir den nördlichen Rand des Waldes erreichen, wird die Orientierung etwas einfacher. Allerdings stehen wir nun vor dem Problem, dass wir uns nicht ganz sicher sind, welcher der vor uns auftauchenden Gipfel  nun der Feigentalhimmel sei. Erst spät stellen wir fest, dass wir uns für den falschen entschieden haben und auf den Woising zumarschiert waren.

Woising

Woising

Eine Besteigung dieses zu weit östlich liegenden Gipfels kommt aus Zeitgründen nicht in Betracht, also müssen wir nun irgendwie in die Senke weiter links gelangen. Leichter gedacht als getan: wieder eine heitere Latschenwühlerei im viel zu weichen Schnee (Temperaturen um den Gefrierpunkt haben nicht nur Vorteile…). Aus der Senke steigen wir durch Latschengassen unschwierig den Gipfelhang des Feigentalhimmels hinauf, an einigen Stellen erkennen wir sogar Steinmännchen. Hinter uns im Süden herrscht eine farbenfrohe Lichtstimmung an der Horizontlinie, welche von den Niederen Tauern, Dachstein und Gosaukamm gebildet wird.

Rückblick im Aufstieg

Rückblick im Aufstieg

Der abgeblasene Gipfel bricht nordwestseitig mit einer steilen Felswand ab, von deren Rand wir einen spektakulären Aus- und Tiefblick genießen. Aus dem Osten grüßen die mächtigen Felsriesen Priel und Spitzmauer herüber.

auf den letzten Metern zum Gipfel

auf den letzten Metern zum Gipfel

Tiefblick mit Priel

Tiefblick mit Priel

Blick über die Hochfläche

Blick über die Hochfläche

Blick nach Westen über den weiteren Routenverlauf

Blick nach Westen über den weiteren Routenverlauf

Zunächst über einen Rücken, dann über steile Latschenfelder und felsdurchsetztes Gelände steigen wir dann in die Scharte zwischen Feigentalhimmel und Roßkogel ab.

an der Scharte

an der Scharte

An dessen Südseite traversieren wir über einer großen Senke weiter nach Westen, bis wir nach einer kurzen Steilpassage den Rücken in Richtung Weißhorn erreichen. Hier machen wir Mittagsrast und queren dann an der Nordseite teils über steile Schneefelder bis zu unserer Aufstiegsroute vom Vortag.

am Rücken

am Rücken

Dieser folgen wir dann ins Tal. Der Schnee ist inzwischen auch an der Nordseite soweit aufgefirnt, dass der Abstieg eine ziemliche Rutschpartie ist. Noch vor Sonnenuntergang erreichen wir wieder unseren Ausgangspunkt, den Offensee.

abendlicher Offensee

abendlicher Offensee